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King, Stephen / Straub, Peter | Der Talisman |
Heyne TB 7662, DM 12.80 | |
Rezensent: Andreas Nordiek | |
Bachman ist King - Stephen King ist Bachman. Stephen King ist gelegentlich ein meisterhafter Erzähler. Richard Bachman ist eine Enttäuschung. Stephen King/Peter Straub sind in geballter Form eine Zumutung für den guten Geschmack. Zwei geldgierige, überhebliche, eingebildete Schreiber, die das Publikum auf den Arm genommen haben. Bezeichnend für die Einstellung des Teams ist der folgende Dialog. "Du weißt, Steve", sagte Peter Straub, "Du und ich sind die Hammets und Chandlers dieses Genres." "Ich weiß, daß wir dies sind", antwortete Stephen King. Aus ihrer Zusammenarbeit entstand ein Alptraumroman: DER TALISMAN. Ein besserer Titel wäre Der 700-Seiten-Schwachsinn. Ich kann mir gut vorstellen, wie dieses Machwerk entstanden ist. Die beiden waren total besoffen, da kam es zu dieser grandiosen Idee. "Unsere Fans sind so verdummt, daß sie jeden Dreck aus unserer Feder kaufen", sagte einer. Der andere nickte bedächtig dazu. Und ich habe mir diesen Roman auch noch gekauft! (Kurt Luif auf der LKS von "Dämonenkiller" 174, erschienen Anfang August l986) Das ist vielleicht kein guter Start für die Rezension eines Buches, das beim Lesen gut unterhalten hat. Andererseits demonstrieren die Zeilen meiner Ansicht nach recht deutlich, daß man über das Autorengespann geteilter Meinung sein kann. Bevor ich mich darüber weiter auslasse, erst einmal eine kurze Zusammenfassung des Romans: Die Geschichte erzählt von Jack Sawyer, dessen Mutter an Krebs erkrankt ist und bald sterben muß. In einem Badeort erfährt er durch einen Neger von der Region, einer mittelalterlichen Parallelwelt, deren Königin eine frappierende Ähnlichkeit mit seiner Mutter hat. Es stellt sich heraus, daß jeder Bewohner der Region einen Twinner (einen Zwilling) in den USA hat. Jacks Mutter ist demzufolge die Königin, die ebenfalls im Sterben liegt. Beim Überwechseln in die 'Region' wechselt die Seele in den Körper des Twinners über, es sei denn, der eigene Twinner ist tot - dann nimmt man seinen eigenen Körper mit, wobei Kleidung und alles, was man am Körper trägt, in Gebrauchsgüter der 'Region' transformiert werden. Jack Sawyer, der seine Mutter verständlicherweise retten will, erfährt durch den Neger, daß er dazu quer durch die Region - und analog quer durch die USA von Ostküste zu Westküste - reisen muß, um irgendwo den Talisman zu finden, einen magischen Gegenstand mit unglaublichen Fähigkeiten. So beginnt Jack Sawyers Reise durch eine Alptraumwelt: Da den Gegnern der Königin/seiner Mutter zu entgehen, pendelt er zwischen der Erde und der 'Region' hin und her, und erlebt haarsträubende Abenteuer. Eine Weile wird er von einem Werwolf begleitet, der Jack unterstützt, denn der Junge wird von diversen Wer-Kreaturen und anderen Monstren verfolgt. "Natürlich" ist Jack mit dem Sohn seines Widersachers befreundet. Auf der Reise nach Westen sucht Jack ihn auf, und nach langem hin und her begleitet der Junge Jack. Hier ist einer der wenigen Interpretationsansätze zu finden: Der Knabe verabscheut jede Form der Phantasie, ist schon fast eine Maschine. Es dauert gut 200 Seiten, bis er seine Ansicht modifiziert. An ihm stellen Stephen und Peter ergo den Sieg der Phantasie über die Realität dar. Michael Ende hat dies besser getan. Der Roman ist eine ausgewogene Mischung aus Horror und Fantasy, wenngleich die Fantasy im Vordergrund steht. Erzählerisch gesehen bietet das Autorengespann gewohnte Qualität: Zu Anfang lahm und langatmig, dann jedoch spannend bis zum Schluß, unterbrochen von gewissen Durststrecken, die, insgesamt gesehen, durchaus das Prädikat 'Horror' verdienen, in diesem Roman jedoch fehl am Platz vorkommen. Es gibt auch einige Ungereimtheiten, wie sie sonst nur in Erstlingsromanen auftauchen: Wieso ist der 'Talisman' an jenem Ort versteckt? - Warum ist gerade Jack dazu auserkoren? - Was soll der 'Talisman' überhaupt? - Wie ist der 'Talisman' entstanden? usw. Kinderkrankheiten also, an denen King/Straub an sich nicht leiden dürften. Man scheint nach dem Motto zu verfahren: Egal wieso und weshalb, hauptsache, ein nettes Abenteuer..., was durchaus zutrifft. Der Roman ist zwar, das dürfte inzwischen klargeworden sein, keine anspruchsvolle Fantasy a la Tolkien, aber insgesamt gesehen gute Unterhaltung. Etwas seichte Unterhaltung, das will niemand bestreiten, denn zum 823.mal die gleichen blöden Klischees vorgesetzt zu bekommen, ist todlangweilig, aher gut erzählte Langeweile ist doch auch etwas Wert! Da fällt mir gerade das Interview mit Helmut Rellergerd in "Phantastische Zeiten" ein, der sinngemäß folgedes Aussagte: "Jedes Buch mit der Aufschrift 'Jason Dark' verkauft sich gut, auch wenn nichts von Jason Dark drin ist." Sprich: Hat man erst einmal einen akkreditierten Namen, kann man den letzten Mist schreiben, die Leser kaufen es sowieso, womit wir wieder bei Kurt Luif (Neal Davenport, J.R.Burcette) angelangt wären. Der Kreis schließt sich. Und ich bin Ende angelangt. |